Premiere: 12. September 2008
Krefeld. „Dantons Tod“ hat ein bisschen was von altem Zwieback: Staubtrocken und einigermaßen ungenießbar wirkt das Stück beim Lesen. „Ein Reißer von Hitchcock ist das nicht gerade“, gibt auch Thorsten Duit zu, der Büchners revolutionäres Drama in Krefeld inszeniert. Und Dramaturgin Vera Ring bestätigt: „Der Wust von Namen, Jahreszahlen und historischem Hintergrund kann einen wahnsinnig machen.“
Bleibt die Frage, warum der olle Schülerschreck ausgerechnet zur Spielzeit-Eröffnung im TaZ präsentiert wird. Zum Einen geht es tatsächlich darum, gequälten Oberstuflern und ihren Lehrern das Leben und Lesen zu erleichtern – mit einer lebendigen, von Staub und Schnörkeln befreiten Fassung: „Wir wollen eine Aufführung, die konkret, spannend und direkt ist“, erklärt Vera Ring.
Zum Anderen hält Regisseur Duit den Kern des Stücks für hochgradig aktuell, obwohl es vor gut 200 Jahren spielt: Der Revolutionär Danton (Sven Seeburg) fordert ein Ende des blutigen Jakobiner-Terrors – und erleidet das im Titel angedrohte Schicksal. Thorsten Duit sieht darin Verweise auf die „soziale Schere“ in modernen Gesellschaften, auf schreiende Ungerechtigkeit und eine mögliche Reaktion darauf: Gewalt. Heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Macht Tyrannenmord uns selbst zum Tyrannen?
Die Bühne wird bei Duit zum Spiegelsaal, in dem sich auch das Publikum wiedererkennt. Nicht umsonst hat der Regisseur die Rolle des Volkes in Büchners Stück gestärkt. Auch klanglich will er seine Ideen umsetzen, engagierte den Musiker Juan Garcia, der 25 Versionen der französischen Nationalhymne aufnahm.
„Sonst habe ich nur genervt weggezappt, wenn Franzosen eine Goldmedaille gewonnen haben“, erklärt Garcia. Erst bei genauem Hinhören erkannte er den blutigen Text der Hymne und jongliert nun respektlos mit deren staatstragender Schwere. Die Marseillaise als Handyton, Nachtclub-Soul und im Jack-Johnson-Surfersound – das klingt zumindest ziemlich revolutionär. (wz-newsline)
„Dantons Tod“ hält noch immer eine Frage am Leben: Resignation und Anpassung oder lieber Auflehnung – egal um welchen Preis? Wer sich je durch Büchners Drama gequält hat – immer den Erklärungsband griffbereit, um alle historischen Details zuordnen zu können -, der ist dem Regisseur für diese Inszenierung dankbar. Sie ist frisch, frech, kurzweilig. (…) Duit hat den Text stark gestrafft, hat den Gesellschaftsfrust von 2008 als Klammer eingeführt. Die Französische Revolution könnte im deutschen Wohnzimmer toben – wenn da jemand Stellung bezöge. Aber Dantons Appell: „Die Republik ist in Gefahr“ ist hier nur TV-Wirklichkeit. (Rheinische Post über die Premiere in Krefeld)
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